
Auf dem Sessellift mit Reinhold Messner

Auf dem Sessellift mit
Reinhold Messner
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er einen gewaltigen Unterschied ausmachen.
Ortler, 3905 m ü. M.
Reinhold Messner, der bekannteste Alpinist der Welt feierte im September 2024 seinen 80. Geburtstag.
Als Jugendlicher entdeckte ich im Bücherregal meines Vaters das Buch „Everest“ von Reinhold Messner. Auch der Sketch der TV-Sendung „Verstehen Sie Spass“, als Reinhold Messner unterhalb des Matterhorngipfels auf einen Kiosk trifft, ist mir bis heute in Erinnerung geblieben. Jahre später, nach einigen Besuchen in den Messner Mountain Museen (MMM) und an für Messner relevanten Orten in Südtirol, konnte ich ihn in Sulden am Fusse des Berges Ortler portraitieren.



Es knirscht im Schnee. Die Kapuze tief im Gesicht kommt er zwischen meterhohen Schneewänden auf mich zu. Die Sonne ist noch hinter den Bergen, es ist eiskalt an diesem Morgen im Suldental. Der Treffpunkt für das Shooting ist das MMM Ortles. Das Museum ist passend dem Thema Eis gewidmet und steht in unmittelbarer Nähe zu Messners Haus.
Reinhold Messners Vorschlag, mit dem Sessellift auf den Langenstein unterhalb vom Ortler zu fahren, nehme ich dankend an. Unten bei der Talstation herrscht wenig Betrieb. Die angenehme Stille zwischen den schneeverhangenen Tannen wird nur vom Rattern des Sessellifts gestört. Auf dem 2er-Sessel geht es mit Reinhold Messner aufwärts. Der Wind nimmt zu, je höher wir gondeln, der Lift muss zweimal stoppen. Wir tauschen uns im Lift schwankend über die bevorstehende Fotosession aus. Bei der Bergstation hat es dann mehr Menschen. Beim Bergrestaurant K2 wird er von etlichen Touristen erkannt. Kinder und Erwachsene möchten ein Autogramm oder ein Selfie mit Messner. Nach einem Dutzend erfüllten Wünschen hat er genug. Leicht genervt teilt er den Schneesportlern mit, dass er bei der Arbeit sei. Der Wind wird stärker – das Shooting kann beginnen.




„Ein Vorteil des Klimawandels ist, dass die Vegetation der Alpen in immer höhere Regionen vordringt“
Sein Gesicht kennen die Menschen auf der ganzen Welt. Aufgewachsen ist Reinhold Messner im Villnösstal, im Tal der Messners. In diesem abgeschiedenen Dolomitental nahm eine einzigartige Alpingeschichte ihren Anfang. Hier machte er während einer strengen Kindheit seine ersten Klettererfahrungen, zuerst an der Kirchenmauer in St. Peter, später an den Nordwänden der Geislergruppe im Talhintergrund. Das Tal wurde Reinhold Messner zu eng, es zog ihn zu höheren Bergen und später in die weite Welt hinaus.
Er hat als erster Mensch alle vierzehn Achttausender bestiegen und zusammen mit dem Tiroler Peter Habeler 1978 erstmals den Gipfel des Mount Everest ohne künstlichen Sauerstoff erreicht. Sein Schicksalsberg wurde der Nanga Parbat, hier verlor er beim Abstieg seinen Bruder Günther in einer Lawine. Die Tragödie löste Kontroversen aus. Später durchquerte Messner die Antarktis, die Wüste Gobi und um die Jahrtausendwende war er Politiker für die italienischen Grünen im Europaparlament. Reinhold Messner verfasste bis jetzt 50 Bücher. Weltweit begehrt ist er als Geschichtenerzähler und Vortragsredner. Ein Thema, auf das er viel angesprochen wird, ist der Klimawandel. Bei diesem Thema sei er nicht so radikal wie andere. Als Alpinist konnte er die globale Erwärmung schon vor Jahrzehnten erkennen: am Gletscherschwund, am Schwinden des Permafrosts und an der Vegetation, die in den Alpen in immer höhere Regionen vordringt.
Villnösstal



„Heute gehe ich um die Berge herum und nicht mehr darüber“
Messner ist Gründer mehrer Museen in Südtirol. Eines davon ist das Schloss Juval im Vinschgau, Wohnsitz und Museum zugleich. In den 1980er-Jahren von Reinhold Messner gekauft, thront es hoch oben auf einem Felsen am Eingang zum Schnalstal. Hier verbringt er gerne die Sommerzeit. Inzwischen gehört es seiner Tochter Magdalena. Im Juval beherbergt Messner seine Abenteuerbibliothek und Tibetika-Sammlung. Vieles kann aus nächster Nähe und ohne Vitrinen entdeckt werden. Es herrscht das Motto „Kontrolle ist gut – Vertrauen ist besser“. Ein Unfall beim nächtlichen Überklettern der Schlossmauer beendete 1995 die Kletterkarriere von Reinhold Messner. „Heute gehe ich um die Berge herum und nicht mehr darüber“. Auf das Klettern kann er mittlerweile gut verzichten, auf das Gehen nicht. Messner lebt vorausschauend. Früher auf den Expeditionen und heute im Hinblick auf seinen letzten Lebensabschnitt.
Juval





In Nepal arbeitete Reinhold Messner an einem weiteren Projekt, es entstand das “Sherpa Himal”, ein Museum das den Sherpas gewidmet ist. Im Herbst 2024 soll das letzte Messner Mountain Museum „Roca“ im Pustertal eröffnet werden, es wird dem Thema „Fels“ gewidmet. Eine alte Seilbahnstation wird saniert und umgestaltet, damit sie in Zukunft museal genutzt werden kann. Gemeinsam mit seiner Frau hat er Messner Mountain Heritage (MMH) gegründet, um das traditionelle Bergsteigen und sein geistiges Erbe in die Zukunft zu tragen. Ihm ist es wichtig etwas zu gestalten, solange er gesund ist.
„Kalipé” – aus dem Tibetischen ‟Immer ruhigen Fusses“
Nach den Portraitaufnahmen signiert Reinhold Messner im Museumsshop des MMM Ortles einige Bücher auf Vorrat. Ich überreiche ihm das über vierzig Jahre alte Taschenbuch meines Vaters. Er schreibt die Widmung «Kalipé” – aus dem Tibetischen «Immer ruhigen Fusses» hinein. Ruhigen Fusses will er nachher Schneeschaufeln vor seinem Haus. Am nächsten Tag soll es einen halben Meter Neuschnee geben. Er freut sich schon darauf.

